» zurück zum Weyarner Helferkreis

Informationen zu Pakistan

zusammengestellt von Ferdinand Bratfisch

entnommen aus Wikipedia.de

Viele Jahrzehnte hatten Hindus und Muslime auf dem indischen Subkontinent einen gemeinsamen Feind: die britische Besatzungsmacht. Nach der Kolonialzeit wollten die Muslime einen eigenen Staat und wurden selbst zu Feinden Indiens. Hindus und Muslime haben verschiedene religiöse Hintergründe, unterschiedliche kulturelle Traditionen und eine andere Literatur. Sie heiraten nicht untereinander und essen auch nicht miteinander, weil sie tatsächlich zu zwei verschiedenen Kulturen gehören, die auf widersprüchlichen Ideen und Konzepten beruhen. Solche Völker in einem einzigen Staat zusammenzuzwängen – die einen als Minderheit, die anderen als Mehrheit – muss zu wachsender Unzufriedenheit und schließlich zur Zerstörung eines solchen Staates führen.
Mit der Pakistan-Resolution wurde vor 75 Jahren die Gründung Pakistans beschlossen. Der Staat Pakistan entstand am 14. August 1947 aus den überwiegend muslimischen Teilen von Britisch-Indien. Im Zuge der Teilung Indiens verließen über vier Millionen Muslime das heutige Indien, während etwa sieben Millionen Hindus und Sikhs (indische, militärisch organisierte Religionsgemeinschaft im Pandschab) das Staatsgebiet von Pakistan verließen. Es wird vermutet, dass bei Gewaltakten und durch die Strapazen während der Flucht bis zu 750.000 Menschen ihr Leben verloren.
Seit seiner Unabhängigkeit ist Pakistan Schauplatz gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Volks- und Glaubensgruppen. Problematisch aus Sicht der kleineren Volksgruppen ist die Dominanz der Panjaber (indogermanische Sprachgruppe). Außerdem haben innere und äußere Wanderungsbewegungen in einigen Landesteilen zu erheblichen ethnischen Verschiebungen geführt, die auf Unmut stoßen. Im Sindh (pakistanische Provinz), insbesondere in der Provinzhauptstadt Karatschi und in Hyderabad, kommt es immer wieder zu blutigen Zusammenstößen zwischen den einheimischen Sindhi einerseits und zugewanderten Muhajir andererseits. Letztere haben auf Grund ihres höheren Bildungsstandes eine herausragende Rolle im öffentlichen Leben. Hinzu kommt die Zuwanderung von Panjabern und Paschtunen in den verhältnismäßig wohlhabenden Sindh. Viele Sindhi fühlen sich daher ins gesellschaftliche Abseits gedrängt. Radikale Nationalisten fordern einen unabhängigen Staat Sindhu Desh („Land der Sindhi“).

Pakistan hat weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen. 1,6 Mio. Schutzsuchende beherbergte das Land 2013, sie stammten fast ausnahmslos aus dem Nachbarland Afghanistan Die Flüchtlingsaufnahme und -versorgung stellt für den pakistanischen Staat eine zusätzliche Herausforderung dar. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 geriet Pakistan verstärkt ins Spannungsfeld religiös motivierter Auseinandersetzungen, insbesondere da Musharraf, der eine enge politische und militärische Allianz mit den USA praktizierte und am Kampf gegen den internationalen Terrorismus teilnahm. Die Attacke auf Pakistans Armee-Hauptquartier weckte die Sorge um die Sicherheit der Atomwaffen im Land. Die Haltung Pakistans zu den seither forcierten militärischen Einsätzen der USA im Lande ist zwiespältig: einerseits verschaffen pakistanische Stellen dem US-amerikanischen Militär die für den Angriff auf vermutliche Terrornester notwendigen Zielkoordinaten; andererseits verurteilt offiziell die pakistanische Regierung den nachfolgenden Einsatz von militärischen bewaffneten Drohnen vehement.

Amnesty International und Human Rights Watch berichten seit Jahren von rechtswidrigen Tötungen und der Praxis des Verschwindenlassens von Menschen durch Sicherheitskräfte, von Sprengstoff- und Selbstmordanschlägen durch die pakistanischen Taliban und andere Milizen. Gewalt gegen Frauen und religiöse Minderheiten sind an der Tagesordnung, die Todesstrafe wird immer noch praktiziert. Laut Amnesty International wurden in Pakistan Tausende von Fällen dokumentiert, bei denen Frauen und Mädchen Opfer von Gewalt wurden. Wie auch in Indien wird die Dunkelziffer aufgrund der traditionell untergeordneten Rolle der Frau und der Ächtung der Opfer durch die Gesellschaft, deutlich höher liegen. Christliche Mädchen und Frauen werden in der Islamischen Republik Pakistan immer wieder Opfer von Vergewaltigungen und erzwungenen „Ehen“. Das islamische Zeugenrecht, nachdem ein Vergewaltiger nur durch vier männliche, muslimische Zeugen überführt werden kann, schließt eine Verurteilung der Täter in der Praxis aus. Die IGFM (Internationale Gesellschaft für Menschenrechte) unterstützt lokale Initiativen, die den Mädchen und Frauen zu ihrem Recht und zu einem Leben in Würde verhelfen. Auch die gezielte Abtreibung weiblicher Föten, das Töten und Aussetzen vornehmlich weiblicher Kinder, Zwangsverheiratung, Kinderhochzeiten, Misshandlungen, Säureattacken, Ehrenmorde, Vergewaltigung erinnern an den Genderzid (das systematische Töten der Angehörigen eines spezifischen Geschlechtes) in Indien und China. Auch in Pakistans Justiz – von der Polizei bis zu den Richtern – herrscht Korruption und „Recht“ wird eher nach Geldbeutel und Ansehen des Täters, als nach Beweisen (sofern diese überhaupt gesichert werden) gesprochen. Und auch hier gibt es Dorfgerichte, die zwar nicht erlaubt sind, aber dennoch Urteile fällen und deren Vollzug anordnen. Auch Vergewaltigung ist bei diesen Gerichten eine häufige Strafe. Erschwerend kommt hinzu, dass in Pakistan das islamische Recht – die Sharia – gilt und Richter häufig eher nach religiösem als nach weltlichem Recht urteilen, wodurch sie zum Schutz von Frauenrechten erlassene Gesetzesänderungen quasi aushebeln und einen dahingehenden Fortschritt ausbremsen.

Seit der Islamisierungspolitik der 1980er-Jahre erlebt Pakistan einen rasanten Zuwachs an religiösem Extremismus im Land und an Koranschulen (Madrasa). 1986 trat das „Blasphemie-Gesetz“ (Artikel 295c des pakistanischen Strafgesetzbuches) in Kraft, das Gotteslästerung und geringschätzige Bemerkungen über den Propheten Mohammed mit Geldstrafen, Haftstrafen oder sogar mit dem Tode bestraft.  Letztere werden seit der Militärdiktatur unter General Mohammed Zia ul-Haq finanziell gefördert. An einigen der rund 18.000 Koranschulen sind (Stand 2009) fundamentalistische Anschauungen verbreitet, die zu einer Radikalisierung des Landes beitragen. Dies äußert sich in zunehmenden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen militanten Sunniten und Schiiten und z.B. in der andauernden Benachteiligung der zahlenmäßig eher unbedeutenden nicht-muslimischen Minderheiten sowie der Ahmadiyya-Muslimgemeinde.

Es ist auffällig, dass zwei Drittel der pakistanischen Asylbewerber dieser islamischen Religionsgemeinschaft angehören. Die Straftaten gegen Ahmadis (Reformbewegung des Islams, fünftgrößte Religionsgemeinschaft) hätten sich in den vergangenen Jahren vermehrt. In etlichen Fällen sind Ahmadis Opfer religiös motivierter Gewalt geworden: 2010 wurden 99 Ahmadis wegen ihrer Religionszugehörigkeit ermordet, 86 von ihnen starben bei einem Terroranschlag der Taliban in Lahore“, so das Ministerium. Nach Angaben des UNHCR (Flüchlingshilfswerk der UN) gab es im Januar 2014 zudem rund 750.000 Binnenvertriebene im eigenen Land. Zu den Ursachen für diese Fluchtbewegungen zählen bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den radikalislamischen Taliban (Angehörige einer radikalen islamischen Miliz in Afghanistan und angrenzenden Gebieten), die sich seit 2009 verschärft haben.

Die Taliban überziehen das Land mit Repression und Gewalt, die die innere Sicherheit Pakistans bedrohen. In einigen ländlichen Regionen herrschen zudem immer noch feudale Machtstrukturen. Angehörige ärmerer Bevölkerungsschichten sind dort der Willkür von Großgrundbesitzern ausgeliefert. In den pakistanischen Stammesgebieten, in denen die Taliban ihre Basis haben, werden die Verfassung und die darin verbrieften Bürgerrechte nicht anerkannt. Die Menschenrechtslage ist dort besonders prekär. Internationale Beobachter befürchten einen Staatszerfall aufgrund der innerstaatlichen Machtkonflikte, fehlender funktionierender Institutionen, mangelnder Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit sowie der exponierten Stellung des Militärs.