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Informationen zu Nigeria

zusammengestellt von Ferdinand Bratfisch

Nigeria ist ein Bundesstaat in Westafrika, der an Benin, Niger, Tschad und Kamerun grenzt. Es ist mit Abstand das bevölkerungsreichste Land Afrikas (174 Millionen Einwohnern) und versucht sich nach Jahren der Militärdiktatur an seiner Demokratisierung und wirtschaftlichen Entwicklung.
Nigeria konnte seine reichen Erdölvorkommen aufgrund von Korruption bisher nicht zur erfolgreichen Armutsbekämpfung nutzen.

Es ist ein Land mit großer kultureller Vielfalt, im ganzen Land werden 514 verschiedene Sprachen gesprochen. Außerdem sind hier zahlreiche westafrikanische Religionen anzutreffen. In Nigeria herrschen Korruption, Misswirtschaft, Repression und Armut. Damit bietet der afrikanische Staat einen besonders fruchtbaren Boden für eine Organisation wie Boko Haram. Im Gegensatz zu anderen islamistischen Verbänden wie Hamas in Palästina oder den Muslimbrüdern in Ägypten, ist Boko Haram keine politische Partei, sondern eine Sekte. Boko Haram, was sich sinngemäß mit "westliche Bildung ist Sünde" übersetzen lässt, kämpft seit Jahren mit Gewalt für einen islamischen Staat im armen und mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias. Im Fadenkreuz der Boko Haram stehen vor allem Christen, die in Nigeria fast die Hälfte der Bevölkerung stellen. Das Land ist in einen mehrheitlich muslimischen Norden und einen christlichen Süden geteilt.

2,5 Millionen Barrel Öl werden täglich in Nigeria gefördert. Trotzdem leben 70 Prozent der Menschen in Armut. Die Ölförderung in Nigeria verschmutzt immer wieder die Umwelt. Menschenrechtler machen die Ölkonzerne dafür verantwortlich. Die Unternehmen wollen von den Vorwürfen nichts wissen und verweisen auf eigene Untersuchungen. Amnesty International sieht veraltete und ungenügend gewartete Anlagen als Grund für die Umweltverschmutzungen. Unternehmen wie der britisch-niederländische Shell-Konzern weisen die Verantwortung für Lecks von sich und sprechen stattdessen von Sabotage durch Dorfbewohner oder von Unfällen durch illegales Anzapfen der Pipelines.

In ihrem Kampf für einen islamischen Staat im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias griff die Terrorvereinigung Boko Haram bei Anschlägen und Angriffen Polizei, Armee, Kirchen und Schulen an und tötete rund 13.000 Menschen in den vergangenen sechs Jahren. In jüngster Zeit dehnte die Gruppierung ihre Angriffe auch auf Kamerun aus, wo Soldaten aus dem Tschad den Kampf gegen die Islamisten unterstützen. 17 Menschen haben Islamisten in Paris ermordet – und die Welt trauert. Nur Tage vor dem „Charlie“-Attentat überrannte Boko Haram die Stadt Baga und verschonte dort weder Kinder, noch Frauen oder Greise. Auf bis zu 2000 Menschen schätzen Hilfsorganisationen die Zahl der Opfer allein dieses Angriffs. Als kurze Zeit später erste Bilder des Grauens aus den Dörfern Baga und Doron Baga verfügbar waren, wurden sie von der Öffentlichkeit fast vollständig ignoriert. Was dort geschah, sprengt schlicht die Vorstellungskraft von Menschen aus der westlichen Welt.

Mädchen seien als Sklavinnen geboren und könnten bereits mit neun oder zehn Jahren verkauft werden, sagte der Boko-Haram-Chef Abubakar Shekaunun in seinem Video. „Sklaverei ist in meiner Religion erlaubt, und ich werde weiter Menschen entführen und zu Sklaven machen.“ Damit meint er nicht nur härteste Knochenarbeit in den Lagern der Extremisten, sondern auch regelmäßigen sexuellen Missbrauch. Kaum eine Woche vergeht, in der sie nicht Märkte überfällt, wahllos Christen umbringt, oder Bomben legt. Seitdem im Mai 2013 in Nigeria der Notstand für die nordöstlichen Bundesstaaten Adamawa, Borno und Yobe ausgerufen wurde, sind geschätzte 153.000 Menschen in die Nachbarländer geflohen. UNHCR (Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen) hat bisher über 37.000 nigerianische Flüchtlinge in Kamerun registriert, 16.000 Menschen sind im Tschad angekommen und im Niger schätzen die Behörden die Zahl der Flüchtlinge aus Nigeria auf mehr als 100.000 Menschen. Der Wahltermin für einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament musste .auf den 11. April 2015 verschoben werden. Bei den letzten Wahlen 2011 war die politisch-geografische Spaltung schon offensichtlich, denn der mehrheitlich christliche Süden wählte fast geschlossen Goodluck Jonathan, einen Christen aus dem Süden; der mehrheitlich muslimische Norden wählte fast geschlossen Exmilitärdiktator Muhammadu Buhari, einen Muslim aus dem Norden. In der zu erwartenden erneuten Konfrontation zwischen Jonathan und Buhari an der Wahlurne 2015 identifizieren sich Boko Harams Opfer mit keiner Seite. Nigerias Armee erweist sich als unfähig, die Islamisten aufzuhalten. Soldaten aus dem Süden kennen sich im Norden nicht aus, ihre Gehälter verschwinden oft spurlos, ihre Ausrüstung landet auf mysteriöse Weise beim Gegner. Die für ihre Brutalität bekannten nigerianischen Generäle kümmern sich kaum um den Schutz der Zivilbevölkerung; Angriffe der Armee fordern regelmäßig zivile Opfer. Ein angeblicher Waffenstillstand mit Boko Haram, den die Regierung Mitte Oktober verkündete, erwies sich als Luftnummer. Im islamischen Rechtssystem sehen viele das letzte Mittel gegen den moralischen Verfall der Machthaber. Erst wenn es Nigeria gelingt, eine Perspektive zu bieten, wird der Terror von Boko Haram an Kraft verlieren.